„Corona gibts heute Abend nicht!“, sagt Onkel Achim und wirft seinen Hinterkopf mit schallendem Gelächter nach hinten. Solche oder ähnliche Szenen haben sich letztes Jahr auf diversen Hochzeiten zugetragen. Während ich als Journalistin und Texterin mit
80 % Homeoffice-Tätigkeit darüber noch halb amüsiert lächeln kann, ist das für die gebuchte, selbstständige Fotografin vor Ort der blanke Horror. Während die Sehnsucht nach Normalität auf menschliche Sicht nachvollziehbar ist, darf sie doch nie in Gedankenlosigkeit und fehlende Rücksicht münden. Als Beispiel noch dieses Highlight in Sachen intelligenter Aussagen: „Ich habe mich entschieden, Corona nicht zu bekommen!“ – ein echter Kommentar eines Geschäftskontaktes, der mir während der Recherche zu diesem Thema zugetragen wurde.

Fragwürde Ansichten begegnen uns nicht nur im privaten Umfeld

Doch wie geht man mit solchen Aussagen um? Denn diese kommen nicht nur von Gästen auf Feiern, die im Ramazotti-Rausch ein bisschen lustig sein wollen. Sie begegnen uns auch in Büros, bei Meetings und Fotoshootings und von Auftraggeber/innen, auf deren Wohlwollen wir angewiesen sind. Natürlich sind sie die zum Glück die Ausnahme, aber deshalb nicht weniger gefährlich. Was wenn man als Einzige vor Ort eine Maske trägt, obwohl das per Verordnung vorgeschrieben wäre? Wenn man ausgelacht wird, weil man statt Handschlag den Ellbogen anbietet oder wenn zum Kaffee in der Pause Verschwörungstheorien serviert werden?
Tipps für den Umgang mit Corona im Business:
Die Regeln vorher klar festlegen und kommunizieren
Halte die Regeln schriftlich und/oder verbal vor dem Termin fest. Wenn du dich mit einer Situation unwohl fühlst, artikuliere das: „Ich möchte lieber auf ein persönliches Treffen verzichten.“ oder „Wir können uns treffen, aber bitte nur mit Abstand und Maske.“ Wichtig: Alle Teilnehmenden (gerade bei Gruppen) kurz vorher nochmal an das Vereinbarte erinnern.

Online-Medien nutzen
Inzwischen sind wir gezwungenermaßen alle Profis im Umgang mit Skype, Zoom und Teams. Zur Not kann man sogar per WhatsApp Sprachanrufe machen. Die Ausrede „Die Technik ist mir zu kompliziert.“ gilt in meinen Augen für niemanden, der einen Computer oder ein Handy bedienen kann.

Dem Gruppenzwang standhalten
Auch wenn es schwerfällt und man sich oft unter Druck gesetzt fühlt: Wenn sich jemand über dich lustig machst, weil du zum Beispiel als Einzige auf eine Maske bestehst, kommuniziere klar, deutlich und ohne jeden Raum für schlechte Witze: Ich nehme diese Krankheit ernst und möchte mich und andere schützen.

Konsequenzen klarmachen und den Standpunkt erklären
Traurig genug, wenn man das tun muss, aber manchmal steckt hinter Verhaltensweisen auch Unwissenheit oder fehlende Empathie. Oft hilft es, dem Gegenüber, die Konsequenzen deutlich zu machen. Eine mögliche Infektion oder auch nur der Kontakt zu einer/m Corona-Infizierten birgt vor allem für Selbstständige nicht nur gesundheitliche Risiken, sondern auch wirtschaftliche: Wir haben keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (oder bei Quarantäne). Aufträge müssen abgesagt und anderweitig kompensiert werden (sofern das überhaupt möglich ist). Nebenbei haben wir noch ein Privatleben und irgendwie auch einfach keine Lust, diese Krankheit zu bekommen.

Schweigen und runterschlucken
Es fällt nicht leicht, aber solange sich jemand nur „verbal daneben“ benimmt und deiner Meinung nach Nonsens redet, versuche es zu ignorieren. Gerade, wenn es sich um einmalige Jobs handelt, ist eine Diskussion den Aufwand oft nicht wert. Anders ist die Lage natürlich, wenn durch das Fehlen von Abständen, Masken etc. ein klarer Verstoß gegen geltende Regeln und eine Gefährdung vorliegen. (Siehe Punkt 3.)

Bei unvereinbaren Vorstellungen trennen
Als Selbstständige/r ist es nie leicht, Aufträge abzulehnen. Aber wenn es deine wirtschaftliche Situation zulässt und du dich immer wieder unwohl mit Kund/innen fühlst, trenne dich von ihnen. Im Extremfall sind es Covidioten, dann fruchten leider auch keine Argumente und du reibst dich nur an Überzeugungsarbeit auf, die ins Leere läuft.
Abschließend müssen wir wie immer differenzieren: Nicht jede Person, die Maßnahmen hinterfragt, ist ein/e Coronaleugner/in oder Covidiot/in. Mit etwas Menschenkenntnis sehen wir aber relativ schnell, ob wir es mit ein paar schlechten Witzen oder purer Rücksichtslosigkeit zu tun haben. Und mit der Gewissheit, den eigenen Prinzipien treu geblieben und sich richtig verhalten zu haben, fühlt sich das Honorar doch gleich doppelt so gut an.


Jessica Wittmann-Naun